Wie viele andere, habe auch ich das Ziel, finanziell frei zu sein. Doch was bedeutet das eigentlich und wie möchte ich dort ankommen? Auf Teilzeitöko möchte ich meinen finanziellen Werdegang dokumentieren und die wichtigsten Erkenntnisse und Erfahrungen mit dir teilen. Aber keine Angst, dabei möchte ich mich nicht als weiterer Finanzexperte positionieren. Denn ein solcher bin ich nicht.
Inhalt
Mein persönlicher Weg zur finanziellen Freiheit
Ich habe relativ spät mit dem Vermögensaufbau begonnen. Kennst du den Satz „über Geld spricht man nicht“? Dieser Gedanke war lange in mir verankert. Vielleicht nicht ganz so krass, aber ich habe meine persönlichen Finanzen lange Zeit nicht wirklich beachtet. Und vom Thema Vermögensaufbau oder Börse wollte ich erst recht nichts wissen. Warum? Einerseits werden die Erziehung und unser gesellschaftlicher Umgang mit Vermögen ihren Teil dazu beigetragen haben. Andererseits liegt es bei mir persönlich wohl auch an meinem starken Gerechtigkeitssinn und dem kritischen Blick auf den Kapitalismus (und seine Auswirkungen auf Menschen und Umwelt).
Es war nie so, dass ich nichts für meinen Vermögensaufbau getan hätte. Aber ich habe einen der größten Fehler überhaupt gemacht – ich habe meine Finanzen aus der Hand gegeben und schlechten Beratern vertraut. Im Nachhinein echt ärgerlich. Ich bin in der ganzen Zeit keinen Schritt vorangekommen. Denn die meisten Finanzprodukte bergen hohe und oft undurchsichtige Kosten. So hoch, dass die Rendite entweder negativ ausfällt oder mindestens durch die Inflation gefressen wird. Letztendlich hat es aber wohl genau diesen Fehler und die Erkenntnis über einige meiner sehr miesen Finanzverträge gebraucht.
Manchmal muss man auf die Schnauze fallen, um zu merken, wie viel einem ein bestimmtes Thema bedeutet und, dass man selbst aktiv werden muss, um tiefsitzende Wünsche und Ziele zu erreichen. Es war ein Prozess, der bei mir eben ein wenig länger gedauert hat. Aber mittlerweile habe ich zum Glück ein anderes und gesünderes Verhältnis zu Geld und zum Kapitalismus (weiter unten mehr dazu).
Vermögensaufbau, aber anders
Und so habe ich mich aus tiefster Überzeugung dazu entschlossen, mit Anfang 30 in Richtung finanzielle Freiheit zu starten. Aber ich möchte es anders machen als die meisten. Dazu habe ich mir ein paar Fragen gestellt, die sich erst im Laufe der Zeit beantworten lassen:
- Kann ich auch mit einer nachhaltigen Lebensweise und Investitionsstrategie, mit weniger Gier und einem weniger ausgeprägtem Profitgedanken ein Vermögen aufbauen?
- Wie entwickle oder verändere ich mich, wenn ich erfolgreich bin? Was passiert, wenn sich Erfolg einstellt und das Vermögen wächst?
- Gibt es auch einen anderen Weg als nur ständiges Wachstum?
- Was bedeutet Reichtum wirklich für mich?
Mit Teilzeitöko möchte ich meinen Beitrag zu einer in meinem Sinne gesünderen Finanzwelt leisten. Denn viele der bekannten Finanzprofiteure (aus Literatur, YouTube oder Instagram) verfolgen Strategien, die mit meinen moralischen Werten nicht vereinbar sind. Ich möchte niemanden an den Pranger stellen. Einige der Personen finde ich sogar sehr sympathisch und von vielen erhalte ich sehr wertvolle Informationen. Aber ich stimme eben nicht mit Allem überein (wäre ja auch schlimm). Vor allem jedoch nicht mit Anlagestrategien, die nur eines, nämlich Profit im Sinn haben. Dabei wird investiert, ohne zu bedenken, welche Auswirkungen die Investitionen haben können.
Und dennoch möchte auch ich Rendite erwirtschaften. Anders wird das wohl nichts mit dem Vermögen. Aber mir kommt es eben besonders auf das WIE an.
Links-grüner Kapitalist
Wie oben schon geschrieben, hatte ich lange ein schwieriges Verhältnis mit dem Kapitalismus. Denn er hat uns dahin gebracht, wo wir heute sind. Wir leben aktuell in einer Pandemie, ausgelöst durch eine Zoonose. Und aufgrund der weltweiten Massentierhaltung wird Covid-19 bestimmt nicht die letzte derartig ansteckende Erkrankung bleiben. Eine weitere, und leider noch viel zu wenig beachtete Krise betrifft die menschgemachte Klimaerwärmung. Und was ist mit der ungleichen Verteilung von Reichtum? Unser System beutet Menschen und Umwelt aus und einige sind noch immer der Ansicht: „der Markt regelt das“. Nein, das tut er eben nicht (immer). Jedenfalls lehrt uns das die Erfahrung.
Es gibt also viele Gründe, weshalb ich absolut kein Fan des aktuellen Kapitalismussystems bin. Aber ich profitiere eben auch davon. Und ich möchte dies auch in Zukunft tun. Außerdem wird sich nichts am System ändern, wenn ich die Teilhabe verweigere und mich im stillen Kämmerlein über die Missstände aufrege. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, den Grundgedanken des Kapitalismus zu teilen und das System aktiv mitzugestalten.
Und hier kommt das Thema Nachhaltigkeit im wirtschaftlichen, aber vor allem sozialen und ökologischen Sinne ins Spiel. Deshalb bezeichne ich mich auch gerne als links-grüner Kapitalist. Ja, ich stimme vielen Standpunkten von links und grün zu. Manche Themen sehe ich sogar recht radikal. Viele Dinge sehe ich aber auch anders bzw. lockerer.
Wie bei meinen politischen Themen ist es auch bei den Themen zu meiner persönlichen Finanzbildung. Ich informiere mich bei anderen, schaue, wie die es machen und welche Erfahrungen sie gemacht haben. Aber letztendlich picke ich mir genau das heraus, was für meine Situation am besten passt und, womit ich mich auch ohne Gewissensbisse identifizieren kann. Vielleicht geht es dir ja genauso?
Was bedeutet Nachhaltigkeit für mich?
Mir ist es sehr wichtig, wie es meiner Umwelt geht. Ich beschäftige mich des Öfteren mit deren Problemen und Belastungen. Und durch mein technisches Grundwissen (Maschinenbaustudium) verstehe ich auch so manche Zusammenhänge sehr genau. Des Weiteren bin ich ein sehr tierlieber Mensch und glückliches Herrchen einer Labrador-Hündin. Außerdem liegen mir die Themen Ungleichheit und Gleichberechtigung am Herzen.
Das sind nur einige Werte, aber genau diese möchte ich nach bestem Gewissen auch auf meine Investitionen übertragen.
Für mich bedeutet Nachhaltigkeit aber womöglich was anderes als für dich. Es gibt zwar die bekannten ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung), nach welchen man sich beim Investieren orientieren kann. Aber ich wäge dennoch bei jedem Aktienkauf individuell ab, ob das Unternehmen mit meinen moralischen Werten vereinbar ist.
Dabei fallen mir z. B. folgende Fragen und persönliche Kriterien ein:
- Umwelt – Kann die Technologie, das Produkt oder die Dienstleistung des Unternehmens einen Beitrag leisten, die Welt nachhaltig und lebenswert zu gestalten? Dazu zählen nicht nur die üblichen Verdächtigen wie erneuerbare Energien, sondern auch Unternehmen, die auf den ersten Blick nichts mit Umweltschutz zu tun haben. Z. B. solche, die in unserer Gesellschaft und in unserem System aktuell unumgängliche Produkte oder Dienstleistungen mit ihren Innovationen nachhaltiger gestalten wollen.
- Fehlerkultur – Wie steht ein Unternehmen zu seinen Fehlern? Wenn in der Vergangenheit Dinge falsch gemacht wurden, man aber klar Stellung bezieht und demütig damit umgeht, kann ein solches Unternehmen wieder interessant für mich werden.
- Verantwortung – Wie geht die Unternehmensführung mit ihren Mitarbeitern um? Gibt es strenge Kriterien für Zulieferer?
- Staatliche Hilfen und der Umgang damit – Besonders in der Corona-Krise hat man gesehen, dass einige Unternehmen Hilfen beantragen, Kurzarbeit anmelden und gar Belegschaft entlassen. Gleichzeitig wurden Dividenden ausbezahlt. Das geht gar nicht! Ich verzichte in solchen Fällen gerne auf meine Dividende oder investiere eben nicht.
- Eine möglichst lange Haltedauer – Das Unternehmen soll auch noch in 10-20 Jahren existieren und einen sinnvollen Beitrag für Mensch und Umwelt leisten.
Teilzeitöko – Ein Name mit Bedeutung
Mir gefällt der Name. Und er passt sehr gut zu mir. Denn er beschreibt zwei Wörter, mit welchen ich mich sehr gut identifizieren kann. Ich beginne mal in umgekehrter Reihenfolge:
- Öko:
In erster Linie ist Öko die Abkürzung für Ökologie, wird aber meist eher als umgangssprachliche Bezeichnung für jemanden aus der Umweltbewegung verwendet. Und genau dazu fühle ich mich auch hingezogen. Weil ich immer versuche, möglichst ökologisch nachhaltig zu leben. - Teilzeit:
Ich habe einen guten Blick fürs Ganze. Deshalb weiß ich auch, dass ich noch immer Vieles tue, das nicht gut für die Umwelt ist. So besitze ich bspw. ein Auto mit Verbrennungsmotor und fahre es regelmäßig und ich esse mehrmals die Woche tierische Bio-Produkte (Eier und Käse). Auch sonst lebe ich bestimmt nicht immer 100% ökologisch verträglich. Und das ist auch OK so. Sündigen gehört zum Leben dazu. Man muss es sich nur erlauben – dahin zu kommen war ein langer Prozess, in dem ich viele innere Konflikte lösen musste. Außerdem ist es noch nicht immer und für alle möglich, voll nachhaltig zu leben.
Ich bin also Öko, aber eben nur in Teilzeit.
Öko sehe ich aber nicht nur im Sinne von Ökologie, sondern auch Ökonomie. Deshalb gehört neben einer nachhaltigen Lebensweise eben auch eine nachhaltige Strategie für meine Investitionen dazu. Und auch hier verfolge ich die Teilzeit-Idee.
Wirtschaften als Teilzeitöko bedeutet für mich:
- Weniger arbeiten
Ich kenne viele negative Beispiele im Freundes- und Bekanntenkreis, wo die Erwerbsarbeit zentraler Bestandteil des Lebens ist. Auch wenn garantiert nicht alle unglücklich zu sein scheinen (jedenfalls nicht nach außen hin), ich möchte einen anderen Weg gehen. Ganz nach dem Motto: Work smarter, not harder! Nach meinem Verständnis heißt das, weniger arbeiten als üblich, aber dafür nicht weniger effektiv. Ich möchte dennoch ausreichend Geld verdienen, um ein Vermögen aufbauen zu können. - Weniger wissen müssen
Wie ich oben schon geschrieben habe, möchte ich mich nicht als Experte darstellen. Ich mag die häufig inflationäre Verwendung des Begriffs nicht. Eine persönliche Erklärung, warum ich das Expertentum oft ablehne, ist vielleicht auch der Druck, den ich mir selbst daraus mache. Darauf verzichte ich gerne. Es gibt viele Themenbereiche, die mich interessieren. In einigen hab ich mir durchaus ein umfangreiches Wissen erarbeitet. Aber ich weiß eben auch, dass ich nichts weiß, wie es so schön heißt. Und so fühle ich mich oft noch als Laie. Als Laie, der dabei ist, seinen Weg zu finden. Und einige Erfahrungen, die ich dabei mache, möchte ich hier gerne mit dir teilen. Dabei kann sich Vieles für dich und andere total falsch anfühlen. Aber ein paar Dinge sind bestimmt dabei, die du dir abschauen und für dich anpassen kannst. - Mit weniger zufrieden sein
„Von nichts kommt nichts“, „no pain, no gain“, usw. Das sind Redensarten, an denen garantiert etwas dran ist. Für mich sind sie aber auch negativ behaftet. Das hat einerseits etwas mit unserer sehr leistungsorientierten Gesellschaft zu tun. Was ist, wenn du krank bist oder es andere Gründe gibt, weshalb du eben nicht immer 100% leisten kannst? Eine Frage, die vielleicht erst dann zu verstehen ist, wenn man selbst in einer solchen Lage ist. Jedenfalls ist auch dies ein Grund, weshalb ich die Teilzeit so mag. Es tut gut, weniger Erwerbsarbeit leisten zu müssen. Man sollte dann aber auch damit klarkommen, dass dies heißen kann, mit weniger Geld auskommen zu müssen. Ich bin dazu bereit und praktiziere schon einige Jahre einen recht minimalistischen Lebensstil. - Mehr Zeit für andere Dinge haben
Jeder Mensch wird einmal in seinem Leben an einen Punkt kommen, wo er merkt, es gibt wichtiger Dinge als Geld und Reichtum. Und das ist vor allem auch eines: befreiend. Ich genieße meine Freizeit sehr. Vielleicht, weil ich manchmal auch gerne einfach faul bin. Nichts tun macht Spaß. Und wenn ich mal nicht Nichts tue, dann geh ich mit meinem Hund in der Natur spazieren oder bin im Garten.